Artikel: Alexandra Melendez - eine Empfängermutter wird Milchspenderin

Im September 2020 kam Emmanuel 14 Wochen zu früh zur Welt. „Ich hatte bis dahin eine völlig normale Schwangerschaft und auch die zwei Frühgeburten-Tests in unterschiedlichen Kliniken waren völlig unauffällig“, erinnert sich Emmanuels Mutter, Alexandra Melendez.

So war es ein großer Schock für die jungen Eltern, als ihr erstes Kind per Notkaiserschnitt mit nur 770 Gramm zur Welt kam. Emmanuel war bei dem Team der Neonatologie der Berliner Charité in guten und erfahrenen Händen. Doch in den ersten Wochen hatte es Emmanuel sehr schwer und die Eltern machten eine Achterbahn von Gefühlen durch. Als die Dritte Welle der Corona-Pandemie im Anmarsch war, kam die Sorge hinzu, welche Auswirkungen die Pandemie auf die junge Familie haben würde, schließlich wollten die Eltern jede freie Minute bei ihrem Sohn sein.

 
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„Ich hatte bis dahin eine völlig normale Schwangerschaft und auch die zwei Frühgeburten-Tests in unterschiedlichen Kliniken waren völlig unauffällig“.

 

Emmanuel bekommt Spendermilch

Wegen einer Infektion durfte Alexandra Emmanuel zu Anfang nicht mit ihrer eigenen Milch ernähren. Die Familie empfand es als ein großes Glück, dass die Charité eine Frauenmilchbank betreibt, so konnte Emmanuel gespendete Frauenmilch bekommen. Für die junge Mutter eine große Erleichterung: „Es ging schnell und unkompliziert mit der Spendermilch und es hat mir erstmal den Druck genommen. Wir hatten so viele Baustellen und Sorgen und die Tatsache, dass ich nicht von Anfang an stillen konnte, war für mich natürlich sehr stressig. Ich war so dankbar für diese Möglichkeit.“

Emmanuel musste in seinen ersten Lebenswochen einige Operationen und Eingriffe über sich ergehen lassen. Alexandra war Tag und Nacht in seiner Nähe. „Ich konnte sehen, wie ruhig Emmanuel war, wenn ich einfach nur neben ihm lag. Nähe ist das Wichtigste,“ erinnert sie sich. Alexandra war knapp sieben Monate in der Charité. Wegen der Pandemie hatte sie wenig Austausch mit anderen Eltern. „Es herrschte viel Unsicherheit und viele Mütter waren sehr ängstlich. Man hat sich höchstens mal kurz auf dem Gang durch die Maske und Schutzkleidung zugenickt, das war alles.“

Alexandra ist eine aktive, lebensfrohe Frau, als Social Media Beraterin ist Kommunikation ihr Beruf. Aber in der Klinik, in dieser besonderen Situation und Isolation, durchlebte sie dunkle Momente. Social Media und die bunten Geschichten von draußen kamen ihr da völlig fehl am Platz vor. Sie meldete sich ab von Instagram und Co., das passte nicht mehr in ihr Leben in der Klinik. Sie musste erst einmal zu sich kommen, sich klar werden, was da passiert und was für sie wichtig ist. Irgendwann wurde ihr die Isolation unerträglich. Sie ging wieder online, suchte den Kontakt zu anderen Müttern und zu Informationen, die ihr halfen, mit ihrer Situation besser umzugehen. Sie teilte ihre Erfahrung über die Zeit in der Klinik, über Frühgeburten generell und ihre Höhen und Tiefen auf Instagram. Auch über ihre Erfahrung mit der Milchbank in der Charité und das Milchspenden hat sie viel gepostet, so entstand auch der Kontakt zur Frauenmilchbank-Initiative. Wenn Alexandra heute darüber spricht, spürt man ihr Engagement und ihre Stärke, aber auch diese Momente der völligen emotionalen Erschöpfung. 

 
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„Es stehen noch ein paar kleine medizinische Eingriffe an, aber langsam kommen wir in einen normaleren Alltag mit Kind, wir sind als Familie zusammen, das ist so unendlich wertvoll.“

 

Alexandra wird selbst zur Milchspenderin

Nach einiger Zeit konnte Alexandra ihrem Sohn ihre eigene Milch geben und schon bald hatte sie mehr Milch als Emmanuel trinken konnte. Für sie war klar, dass sie die überschüssige Milch an die Frauenmilchbank der Klinik spenden wollte. „Ich hatte wirklich sehr viel Milch und so konnte ich auch etwas zurückgeben. Es fühlte sich gut an zu wissen, dass ich damit auch anderen Müttern helfen kann, die in einer ähnlichen Situation sind.“

Natürlich gab es auch Momente, wo es nicht so gut klappte mit der Laktation, immer dann wenn wieder eine unerwartete Komplikation auftrat, dann wurde Nano, so wird er von seinen Eltern genannt, mit Alexandras Milch aus der Frauenmilchbank versorgt.

„Achtmal am Tag und in der Nacht habe ich gepumpt und das Equipment gereinigt. Ich hatte eine fantastische Stillberaterin an der Charité. Sie hat mir alles gezeigt, diese Unterstützung hat mir sehr geholfen. Ich bin eigentlich furchtbar inkonsequent, aber da habe ich gelernt, dass ich es jetzt einfach lernen muss, für meinen Sohn. In dem schwierigen Klinikalltag mit ständig neuen medizinischen Herausforderungen, war dies die einzige Konstante.

Am 17. März 2021 konnten die Eltern Emmanuel endlich mit nach Hause nehmen. „Es stehen noch ein paar kleine medizinische Eingriffe an, aber langsam kommen wir in einen normaleren Alltag mit Kind, wir sind als Familie zusammen, das ist so unendlich wertvoll.“ Im Rückblick war „es eine traumatische, turbulente, aber auch schöne und intensive Zeit,“ so Alexandra.

Dank der guten Ernährung mit Alexandras Milch und der Milch aus der Frauenmilchbank, wächst und gedeiht Emmanuel prächtig. Anfang Juli 2021 ist Emmanuel schon 7 Kilo schwer und 64cm groß. Somit hat er sein Gewicht fast verzehnfacht.

 
 
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